Strahlend blauer Himmel im Februar, das ruft nach sonnigen Höhen: Mein Plan aus dem Siegtal an den Rhein rüberwandern. Aber die S-Bahn fuhr gerade los, als ich auf den Bahnsteig hetzte (mit Rucksack und Bergstiefeln rennt es sich nicht so gut ;-). Hm, halbe Stunde warten? Mal auf den Fahrplan geschaut, S-Bahn nach Bergisch Gladbach kommt in 10 Minuten. Von da auf meinen Radelrückwegs-Kölnblick-Kamm? Warum eigentlich nicht? Zum Glück habe ich immer einen ganzen Satz Karten im Rucksack, also rein in die Bahn! Und es wurde eine tolle Tour mit Geschichte, wunderbarem Kölnpanorama und einer ganz neuen Kölnerfahrung bzw. -erwanderung.
Vorteil meiner spontanen Planänderung: Ich steige mitten Bergisch Gladbach aus und kann in der Fußgängerzone eine Flasche Wasser kaufen, die ich in der Eile heute Morgen vergessen habe. Wie immer ist es in der Stadt schwierig die Wanderwegsmarkierungen zu finden und so eire ich erst mal ein wenig planlos durch das Städtchen mit seinem schönen Markplatz und dem tollen, alten Rathaus.
Aber dann finde ich den angepeilten Winkel-Weg doch und folge der Strunde bachaufwärts Richtung Osten. Die Strunde gilt als fleißigster Bach Deutschlands, weil an ihrem verhältnismäßig kurzen Lauf unzählige Mühlen ihre Kraft nutzten. Hier im Tal noch in der Stadt ist sie immer mal wieder eingezwängt zwischen Steinwänden oder gar unter einem Parkplatz verborgen, doch Mäander durch Wiesen, zeigen, wie schön so ein Bach sein kann.
Wenig später habe ich die Möglichkeit, einen Weg am Hang zu wählen, mitten im Buchenwald, den nehme ich, keine Frage! Der schmale Pfad führt auf und ab und kommt an kleinen Steinbrüchen vorbei. Beeindruckend der Lebenswillen der Buchen am Rande des Steinbruchs: Immer fester haben sich die Bäume in den Boden verkrallt, obwohl immer mehr Erde ausgewaschen wurde. Mehrere Quadratmeter sind mit Wurzeln bedeckt!
Zurück im Tal komme ich am Museum „Papiermühle Alte Dombach“ vorbei. Heute schaue ich mir nur die beeindruckenden, alten Maschinen an, die im Garten des Museums stehen. Vor Jahren waren wir mit dem Verlag, bei dem ich damals gearbeitet habe, hier und haben eine Führung durch dieses sehr schöne, informative Museum gemacht. Mit den Kindern muss ich unbedingt auch einmal hinein gehen.
Damals bekamen meine Kollegin Claudia und ich eine Landkarte und den Auftrag, alle Kollegen innerhalb von zwei Stunden nach Romaney zu führen, wo es Essen geben würde. Viel Zeit für eine kurze Strecke, also Zeit genug für eine ein bisschen schönere Wegführung. Bald verließen wir mit den Kollegen den breiten Weg im Tal und folgten einem steilen Pfad, der verspracht, direkt auf die aussichtsreiche Hochfläche zu führen. Der Pfad war etwas zugewachsen, ein dicker Baum lag quer. Wir ignorierten das leise Murren unserer Mitläufer, das Ziel war so attraktiv und so nah. Mist, der Pfad endet an einem Gartentor: Privat! Das hatte man der Karte nicht entnehmen können.
Ein hübscher, noch schmalerer Pfad führte am Hang entlang. Aber unter den Kollegen formierte sich jetzt der Widerstand: Keine Experimente mehr, zurück auf den breiten Weg! Enttäuscht beugten wir uns der Mehrheit, ließen den vielversprechenden Pfad unbegangen und brachten das murrende Fußvolk sicher und rechtzeitig zur Fütterung. Noch Jahre später wurde uns dieser gefährliche Umweg vorgehalten. Und das obwohl wir heldenhaft mit unseren Körpern die Zecken von den Büschen abgestreift hatten (was wir aber lieber nicht erzählt haben ;-).
Und nun stehe wieder ich an besagter Abzweigung, wähle den bewährten, breiten Weg, ich habe ja noch viele Kilometer vor mir. Aber dann packt es mich doch und ich gehe zurück und wieder den steilen Pfad hinauf: Der querliegende Baum ist weg, das Schild am Gartentor noch da. Der abzweigende Pfad am Hang entlang aber ist entzückend und mündet schließlich, wie vermutet, wieder in den Hauptweg. Noch wenige Höhenmeter, ich verlasse den Wald und genieße den weiten Blick über die Wiesen. Endlich in der Sonne setze ich mich auf die Wiese und mache Mittagsrast, was für ein schöner Platz!
Beim Sitzen wird es doch recht schnell kühl. Der Wind frischt auf, die Sonne scheint zwar, aber so warm ist die Luft noch nicht. Da wundere ich mich nicht, wenig später auf einer Pfütze im Schatten noch Eis zu finden.
Ich gehe jetzt über die Höhen Richtung Norden, östlich an dem Dörfchen Romaney vorbei. Da sich hier immer wieder weite Blicke übers Land bieten, wundert es mich nicht, nun auf viele Wanderwege zu treffen: Den Neandertaler Weg, dem ich nur selten begegne, und dem vergleichsweise neuen Bergischen Weg mit seinen leuchtend orangenen Markierungen, auf dem ich auch noch wandern will.
Heute wähle ich keinen dieser Wege, sondern folge dem Landwirtschaftsweg auf dem langestreckten Höhenzug nach Westen. Seit vielen Jahren ist dies meine nordöstliche „Einflugschneise“, wenn ich mit dem Rad aus dem Bergischen nach Köln zurück fahre. Inzwischen hat sie sogar eine Radwegbeschilderung bekommen. Es ist ja auch zu schön, mit dieser Aussicht, nach Köln hineinzuradeln! Zum Wandern ist der Weg zwar etwas breit und hart, aber die Sonne und die weite Sicht vom Siebengebirge über die nördliche Eifel bis nach Düsseldorf machen das wett.
Meine treue Begleiterin, eine digitale Kompaktkamera ist heute leider mit ihrem eigentlichen Besitzer unterwegs und so bleibt mir nur mein Smartphone (Wie soll man bei der Sonne auf dem Bildschirm etwas erkennen???) und meine gute alte Canon (Ach, stimmt, ich muss ja scharf stellen und, ja, wenn nicht aufgezogen ist, kann man nicht auslösen!).
Ein schöner Kontrast zwischen diesen beiden Welten! Die Analoge hat durchaus ihren Charme: klares Bild durch den Sucher, Sonne hin oder her, und ein Zoom: Ich kann nicht nur draufhalten, sondern den Bildausschnitt wählen, Wunder der Technik ;-). Und ich bin gespannt, was auf der ersten Hälfte des Filmes zu sehen sein wird. So lange lag das gute Stück im Schrank, dass ich das schon nicht mehr weiß! Da das Smartphone nicht wirklich scharfe Bilder macht, kann man die beiden Domtürme in der Ferne hier auf den Fotos leider nur ahnen.
Was aber die Farben anbelangt, ist macht das Telefon ganz ordentliche Fotos. Das kräftige Grün der Wiesen, für mich ist das die Farbe des Bergischen Landes!
Und wie der Name sagt – Bergisches Land – gibt es hier noch Kühe und sogar eine Milchtankstelle. Wenn die Kinder dabei wären, würden wir den Liter Milch schon leer bekommen, Flaschen gibt es. So lasse ich es lieber, will ja abends keine Sauermilch aus dem Rucksack holen.
Das Wetter ist weiterhin gut, der für den Nachmittag angekündigte Regen scheint auszubleiben. Und es ist noch früh am Tag. Warum soll ich eigentlich irgendwo in die Bahn steigen zu den ganzen Karnevalisten, die nach Köln strömen? Eigentlich könnte ich auch nach Köln zurück laufen, also einfach mal ganz nach Hause laufen? Das wäre ein ganz neues nach Köln Zurückkommen, komplett zu Fuß! Klar, das wird nicht überall schön sein und zum Ende hin sehr viel Teer bedeuten, aber warum nicht?!
Zwischen Paffrat und Schildgen wandere ich durch ein kleines Naturschutzgebiet, ein steiles, waldiges Bachtal, Siefen heißen die hier. Es ist sehr feucht, hier wachsen Lianen wie im Urwald. Wie muss das hier erst im Sommer aussehen, wenn alles grün ist.?
An ein paar Pferdekoppeln vorbei, durch den Dünnwalder Wald gelange ich nach Höhenhaus und bin im Kölner Siedlungsgebiet angekommen. Jetzt geht es durch Vorortssiedlungen aus den 50ern, den 60ern und den 70ern in verschiedenen Überarbeitungsstadien. Nicht besonders schön, aber interessant. Entlang eines Sträßchens wandere ich dann zwischen Schrebergärten auf der einen und Industriegebiet auf der anderen Seite, unter fünf aufeinanderfolgenden Bahnlinien hindurch hinüber in das Mühlheimer Medienviertel. Da sich mittlerweile der Akku verabschiedet hat, kann ich leider die tollen, alten Backsteingebäude nicht fotografieren. Da muss ich wieder kommen!
Durch Mühlheim zum Rheinufer, über die gleichnamige Brücke, jetzt bin ich schon auf der richtigen Rheinseite. Langsam werden die Füße müde, Kekse im Gehen essend laufe ich am Rhein hinauf, durch Riel hindurch und bin endlich in Nippes. Müde, zufrieden, zu Hause! Was für eine Tour vom Blick über das ganze Rheinland mit Mini-Dom zu Fuß nach Köln hinein bis fast zum Dom!
Wer die aussichtsreiche Wanderung nachwandern will, findet eine Version mit Ende am Straßenbahndepot Thielenbruch bei komoot.